STABO – Einfluß undichter Abwasserkanäle auf die Standsicherheit des umgebenden Bodenkörpers

 

Eine Gefährdung der Standsicherheit des einen Abwasserkanal umgebenden Bodens und damit auch der Standsicherheit des Kanals selbst wurde bisher oft nur im Zusammenhang mit einer unzureichenden Lagerung und Bettung der Kanäle gesehen. Kaum beleuchtet wurde in der Vergangenheit die Infiltration von Grundwasser und der damit gegebenenfalls verbundene Eintrag von Boden in den Abwasserkanal. Bei Rissen, Scherben, undichten Muffen oder schadhaften Anschlüssen können in Verbindung mit eindringendem Grundwasser Hohlräume entstehen und hierdurch Standsicherheitsprobleme ausgelöst werden.

Im Auftrag des Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen wurden am Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Diese hatten zum Ziel, das Ausmaß des Feststoffeintrags über undichte Kanäle zu quantifizieren und die Gefährdung der Standsicherheit des umgebenden Bodenkörpers abzuschätzen. Es sollten Kriterien festgelegt werden, um Kanalnetzbetreibern eine schnelle Einschätzung des Gefährdungspotentials entsprechender Schäden zu ermöglichen. Darüber hinaus sollten Möglichkeiten gefunden und erprobt werden, potenziell gefährdete Kanalabschnitte zu lokalisieren. Die aus den durchgeführten halbtechnischen Untersuchungen gewonnenen Erkenntnisse bei der Grundwasser- und Bodeninfiltration wurden durch weitergehende Untersuchungen entsprechend gefährdeter Haltungen mit einem Georadar ergänzt.

In einem ersten Arbeitsschritt wurden halbtechnische Untersuchungen an zwei Versuchsanlagen am Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen durchgeführt. Hierbei wurde für einen rolligen und einen schwach-bindigen Boden der Eintrag von Bodenmaterial bei eindringendem Grundwasser in einen schadhaften Abwasserkanal DN 300 untersucht. Als theoretisch relevante Schäden wurden ein Riss und ein Punktschaden variabler Größen sowie eine undichte Muffe untersucht. Zusätzlich zu stationären Versuchen unter Grundwassereinfluss und ohne Verkehrsauflast wurde der Boden zur Simulation einer Verkehrslast dynamisch belastet. Darüber hinaus konnten Untersuchungen zur Simulation einer Hochdruckreinigung und wechselnder Grundwasserstände durchgeführt werden. Die halbtechnischen Untersuchungen ergaben, dass erwartungsgemäß mit zunehmender Größe des Schadens mehr Boden unter Grundwassereinfluss in den Abwasserkanal eingetragen wird. Hierbei haben auch die Bodenart, die Art des Schadens und die Belastungsart einen maßgeblichen Einfluss. Mit steigendem Gehalt an bindigen Bestandteilen sinkt die Feststoffinfiltration und damit das Risiko der Ausbildung von Hohlräumen. Risse und undichte Muffen mit eindringendem Grundwasser zeigten den größten Feststoffeintrag. Belastungen aus einer Hochdruckreinigung und dynamischen Wirkungen des Straßenverkehrs führten gegenüber „normalen“ Verhältnissen zu einer Verstärkung des Bodeneintritts. Eine mathematische Umschreibung der Feststoffinfiltration konnte aufgrund der zahlreichen unterschiedlichen Randeinflüsse nicht durchgeführt werden.

In-situ Untersuchungen wurden im Raum Aachen an mehreren Haltungen unter wechselnden Randbedingungen durchgeführt. Variiert wurden Bodenart, Grundwasserverhältnisse, Schadensarten und -umfang sowie Tiefenlage der Kanäle. Zum Einsatz kam ein von der Geländeoberfläche aus messendes, zerstörungsfreies Georadarsystem. Der Abwasserkanal wurde bei einzelnen Haltungen zwar lokalisiert, die in der halbtechnischen Versuchsanlage vom Georadarsystem erkannte Grundwasseroberfläche und entstandene Hohlräume konnten bei den Untersuchungen im Bereich des Kanalnetzes trotz mehrfacher Versuche und Variation der Untersuchungsparameter aber nicht ermittelt werden. Dies konnte mit den im Untersuchungsgebiet anzutreffenden Bodenarten und Grundwasserverhältnissen begründet werden. Es konnte jedoch grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass sich Hohlräume im Bereich der oberen zwei bis drei Meter gebildet haben, da in diesem Bereich ein ausreichendes Reflexionsmuster vorhanden war.

Die Ergebnisse der Untersuchungen lassen trotz der nicht zufrieden stellend ausgefallenen in-situ Untersuchungen die Festlegung eines kritischen Bereiches von Kanalschäden zu, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Bildung von Hohlräumen beziehungsweise Lagerungsdefekten mit nachfolgender Gefährdung der Standsicherheit des umgebenden Bodenkörpers zu erwarten ist. Auch können gezielt Kanalabschnitte identifiziert werden, bei denen weitergehende Untersuchungen, wie beispielsweise Rammsondierungen oder Georadaruntersuchungen, durchgeführt werden sollten.

 

Informationen zum Forschungsvorhaben STABO

Fördermittelgeber

Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW

Laufzeit

01.01.2001 - 31.12.2002

Projektbearbeiter

Dipl.-Ing. Jörg Hennerkes