Fremdwasser – Ermittlung und Eliminierung von Fremdwasserquellen aus Kanalisationsnetzen

 

Ziel des vom Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalens geförderten Vorhabens war die Entwicklung einer Handlungsanweisung, mit deren Hilfe Kanalnetzbetreiber in der Lage sind, spezifisch bedeutsame Fremdwasserquellen effizient zu ermitteln und gezielte Maßnahmen zu deren Beseitigung einzuleiten.

Allgemein umschrieben bezeichnet Fremdwasser das in einem Abwasserkanal unerwünscht abfließende, nicht behandlungsbedürftige Abwasser. Fremdwasser entsteht auf unterschiedliche Weise und variiert deutlich in Zeit und Quantität. Undichtheiten in den öffentlichen Abwasserkanälen und Hausanschlüssen, Fehlanschlüsse im Trennsystem oder an den Abwasserkanal angeschlossene Dränagen führen zu einem ungewollten Anstieg des tolerierbaren Fremdwasseranteils.

Auch die Lüftungsöffnungen von Schachtdeckeln bei Schmutzwasserkanälen im Trennsystem stellen eine potentielle Fremdwasserquelle dar. Am Institut für Siedlungswasserwirtschaft der RWTH Aachen durchgeführte Versuche haben gezeigt, dass der Durchfluss von Niederschlagswasser durch die Öffnungen der Schachtdeckel sowohl von der Gefällelage als auch vom Wasserzufluss über die Straße abhängig ist. Dabei sind die Einlegetaschen im Rahmen des Deckels von entscheidender Bedeutung. Die Lüftungslöcher spielen erst bei großen Zuflüssen eine maßgebende Rolle. Aus den Messwerten konnte eine Modellformel entwickelt werden, die eine Abschätzung des Durchflusses durch die Öffnungen von Schachtdeckeln in Abhängigkeit des Gefälles zulässt. Die Kombination mit anderen abflussrelevanten Randbedingungen liefert eine handhabbare Möglichkeit, den regenbedingten Zufluss durch Schachtdeckel zu ermitteln. Anhand zweier Beispielrechnungen für ein kleines Einzugsgebiet erfolgte eine Anwendung der Modellformeln. Der Zufluss durch die Schachtdeckel eines Schmutzwasserkanals liegt in der Größenordnung von einem Drittel des niederschlagsbedingten Fremdwasserabflusses.

Zur Bestimmung eines Zusammenhanges zwischen Fremdwasseraufkommen und Änderungen des Grundwasserspiegels sowie vorhandenen Schäden am Kanalnetz hat das Institut für Siedlungswasserwirtschaft in den Jahren 2000 und 2001 im Kanalnetz des Stadtteils Düsseldorf-Angermund Durchflussmessungen an zwei Messstellen durchgeführt. Die Messung der Fließtiefe erfolgte mit Ultraschall-Echolot-Sensoren, die der Fließgeschwindigkeit mittels Ultraschall-Doppler-Sensoren. Die Messdaten wurden ausgewertet und in Form von Diagrammen dargestellt. Auf dieser Grundlage konnte das Fremdwasseraufkommen an Trockenwettertagen nach dem Nacht-Minimum-Verfahren ermittelt werden. Der Fremdwasserabfluss zeigte eine unterschiedliche Beeinflussung durch das Grundwasser an den beiden gewählten Messstellen. Die Abhängigkeit des Fremdwasseraufkommens von den Änderungen des Grundwasserspiegels wurde funktional beschrieben.

Ergänzend wurden in Angermund Regenereignisse analysiert und eine Modellfunktion zur Bestimmung der Zuflüsse durch die Kanalschachtdeckel entwickelt. Die Anteile des durch Schachtdeckel zugeflossenen Regenwassers sind in diesem sehr flachen Einzugsgebiet allerdings vernachlässigbar gering. Der bis zu dreifach erhöhte Abwasserabfluss in den Schmutzwasserkanälen an Regenwettertagen ist auf Fehlanschlüsse, wie zum Beispiel Dränagen, zurückzuführen, wodurch sich ein Bedarf an weiteren Untersuchungen ergibt. Empfehlenswert ist dafür eine flächendeckende Suche nach Fehlanschlüssen und vorhandenen Dränagen mittels Nebelung sowie eine erneute TV-Inspektion zu einem „fremdwasserreichen“ Zeitpunkt (Februar bis April).

Nach der Ermittlung einzelner Fremdwasserquellen sollten entsprechende Maßnahmen zur Reduzierung des Fremdwasseranteils vorgenommen werden. Dies betrifft vor allem das Umklemmen der Fehlanschlüsse und die Sanierung der Undichtheiten im öffentlichen und privaten Bereich. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei den tief liegenden Kanälen und Schächten in der Angermunderstraße östlich der S-Bahn-Linie zu schenken.

Ergänzend zu den Durchflussmessungen in Düsseldorf-Angermund sind Untersuchungen in den drei voneinander unabhängigen Einzugsgebieten Häger, Geist und Mariendorf in der Stadt Münster durchgeführt worden. Alle Einzugsgebiete entwässern im Trennsystem und weisen Fremdwasserzuflüsse auf. Ausgewertet wurden die Aufzeichnungen des Niederschlages und der Zuflüsse der drei zugehörigen Abwasserbehandlungsanlagen. Alle Einzugsgebiete zeigen eine annähernd gleichstarke Belastung mit Fremdwasseranteilen. Die Einzugsgebiete Häger und Geist weisen einen Fremdwasseranteil von knapp 40 %, das Einzugsgebiet der Abwasserbehandlungsanlage Mariendorf von etwa 30 % auf. Das Fremdwasser ist in allen drei Einzugsgebieten überwiegend durch das Grundwasser bedingt, wird aber auch deutlich durch Niederschlagsereignisse beeinflusst.

Durch eine Überlagerung der Ganglinien von verschiedenen Grundwassermessstellen mit fremdwasserrelevanten, schadhaften Haltungen wurde ein funktionaler Zusammenhang zwischen dem Fremdwasseraufkommen und der Länge der im Grundwasser liegenden, schadhaften Schmutzwasserkanäle hergestellt. Es ergab sich, dass das Fremdwasseraufkommen deutlich mit den im Grundwasser liegenden Kanälen korreliert. Der Fremdwasserabfluss in Schmutzwasserkanälen wurde für das Einzugsgebiet Mariendorf in Abhängigkeit von der Änderung des Grundwasserspiegels funktional dargestellt und vergleichend den Ergebnissen der Untersuchungen in Düsseldorf-Angermund gegenübergestellt. Unterschiede der beiden Graphen lassen sich mit den vorherrschenden Bodenarten und dem Zustand des jeweiligen Schmutzwassernetzes erklären.

Abschließend wird die bei den Untersuchungen angewendete Vorgehensweise zusammengefasst dargestellt. Es werden Maßnahmen und Möglichkeiten vorgestellt, wie Fremdwasserquellen lokalisiert und das Fremdwasseraufkommen reduziert werden kann.

 

Informationen zum Forschungsvorhaben Fremdwasser

Fördermittelgeber

Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW

Laufzeit

01.04.99 - 31.10.2002

Projektbearbeiter

Dipl.-Ing. Jörg Hennerkes (ab August 2001)
Dipl.-Ing. A. Speicher (bis August 2001)

Projektpartner

Stadt Monschau Ingenieurgesellschaft
Tuttahs und Meyer, Aachen
Köhler u. Klett Rechtsanwälte, Köln